17. Juli 2016

Vorerbschaft und Nacherbschaft

Um Missverständnissen gleich vorzubeugen: spricht man von Vorerbschaft und Nacherbschaft sind nicht 2 verschiedene Arten zu Testieren gemeint. Ein Vorerbe erfordert immer zwingend auch einen Nacherben. Die beiden Begriffe beschreiben daher einen einheitlichen Regelungspunkt, über den sie sich in Ihrem Testament Gedanken machen sollten.

Vorerbschaft und Nacherbschaft: Anwendungsbereich

In machen Fällen bietet sich ein Testament in der Form der Vor- und Nacherbschaft an: nämlich dann, wenn man verhindern will, dass das Vermögen irgendwann an die Erben eines bestimmten Angehörigen fällt, vor allem weil einem die gesetzliche Erbfolge dieses Vorerben nicht passt. Klassiker sind z.B. die ungeliebte Schwiegermutter oder der Schwiegersohn. Das deutsche Recht erlaubt es dem Erblasser, anders als praktisch alle anderen Länder, per Testament auf diese Weise noch über die unmittelbar nachfolgende Generation hinaus zu bestimmen, was mit seinem Vermögen geschehen soll.

Auch geliebte Angehörige werden oft nur als Vorerben eingesetzt, z.B. im sogenannten Behindertentestament. Durch diese Konstellation soll verhindert werden, dass der Staat, der den behinderten Angehörigen versorgt, sich aus der Erbmasse sein Geld zurückholt. Eine vergleichbare Konstellation sind verschuldete Angehörige oder solche, die mit Geld nicht umgehen können. Da liefert man Gläubigern mit einem falschen Testament Vorlage: Würde man die Angehörigen zu normalen Erben einsetzen, würden sich schnell ihre Gläubiger bedienen und das Geld wäre verloren.

Der häufigtste Anwendungsfall ist aber das sogenannte Berliner Testament. In der Konstellation mit Vorerbschaft und Nacherbschaft steht die Sicherung der Kinder im Vordergrund und nicht die Sicherung des Ehepartners. Man spricht hier auch von der sogenannten Trennungslösung. Wenn die Ehegatten primär gesichert werden sollen, wählt man die Voll- und Schlusserbfolge. Man spricht dann von der Einheitslösung. Erfahren Sie hier mehr über das Berliner Testament.

Was ist Vor- und Nacherbschaft?

Sobald der Erblasser verstirbt geht sein Vermögen auf den Vorerben über. Der Nacherbe bekommt zunächst einmal gar nichts. Der Vorerbe darf das Vermögen nutzen, d.h. zum Beispiel die Immobilie als Wohnung benutzen oder vermieten oder eventuell vorhandenes Aktien – oder Barvermögen im normalen Rahmen für sich selbst ausgeben. Darüber hinaus ist er allerdings verpflichtet das Vermögen im wesentlichen zu bewahren. So darf er beispielsweise Immobilien nicht veräußern und Barvermögen nicht verpassen, denn schließlich soll am Ende der Nacherbe von dem Vermögen noch profitieren. Der Vorerbe darf das Vermögen nicht mit seinem eigenen Vermögen vermischen, sondern hat es getrennt zu verwalten. Er darf je nachdem wie restriktiv die vom Erblasser frei gewählten Beschränkungen sind, es nicht ausgeben oder verbrauchen. Wenn der Vorerbe stirbt, erhält das Vermögen der Nacherbe. Der Nacherbe hat eine sog. Anwartschaft ab dem Tod des Erblassers und kann sich gegen den Vorerben gerichtlich wehren, wenn er das Geld veruntreut oder verprasst.

Nachteile der Vor- und Nacherbschaft

Die Testamentsgestaltung in Vor- und Nacherbschaft 3 wesentliche Nachteile:

  1. Die getrennte Vermögensverwaltung ist mit viel Bürokratie verbunden und sollte entweder von einem Testamentsvollstrecker überwacht oder vollzogen werden. Hier kann man ein paar Erleichterungen im Testament erlauben.
  2. Ein schwerer Nachteil ist auch die doppelte Besteuerung. Denn der Vor- und der Nacherbe werden hinsichtlich desselben Betrags beim Tod des Erblassers besteuert, also doppelt. Beim Nacherbfall, also in der Regel dem Tod des Vorerben, wird der Nacherbe dann noch einmal besteuert.
  3. Schließlich ist die Vorerbschaft eine starke Beschränkung für den Vorerben; möchte man den Vorerben absichern, so gibt es bessere Gestaltungsmöglichkeiten, um vergleichbare Ergebnisse herbeizuführen. Es ist z.B. an Geldrenten an den „Vorerben“ und eine Erbeinsetzung des „Nacherben“ zu denken.
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