Vorlagen und Ratgeber
Die engsten Verwandten haben immer einen Anspruch auf den gesetzlichen Pflichtteil, auch wenn sie - wie im beliebten Berliner Testament - enterbt wurden. Der Pflichtteil besteht in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Der Pflichtteil ist also die Fortsetzung vom gesetzlichen Erbrecht nach dem BGB. Pflichtteilsberechtigt sind der Ehegatte und die Kinder des Erblassers und - nur falls er keine Kinder hat - seine Eltern. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen sich die engsten Verwandten also zumindest teilweise durch das Erbe versorgen, egal wie schlecht ihr Verhältnis zueinadner ist. Der Pflichtteil ist damit so eine Art "Unterhalt nach dem Tode".
Den Pflichtteil kann man daher nur in ganz seltenen Ausnahmefällen entziehen, zum Beispiel dann, wenn sich der Berechtigte erheblich strafbar gemacht hat. Viel häufiger treffen Verwandte noch zu Lebzeiten notarielle Abmachungen, wonach der Pflichtteilsberechtigte auf seinen Pflichtteil verzichtet. Im Gegenzug erhält er oft schon mit dem Verzicht eine Geldsumme und damit einen Teil "seines Erbes" ausbezahlt.
Eine Lösung der Pflichteilsproblematik ist wichtig, denn ein Pflichtteilsanspruch kann die gesamte Nachlassplanung zu nichte machen.
Der Pflichtteilsanspruch muss zwar erst erfüllt werden, wenn ihn der Berechtigte gegenüber den Erben geltend macht. Dafür hat er aber ab Kenntniserlangung drei Jahre Zeit. Und da der Pflichtteilsberechtigte kein Erbe wird und mit dem Erblasser oft nicht in Kontakt steht, kann diese Kentnisnahme vom Erbfall sich über Jahre hinziehen.
Das Problem am Pflichtteil ist, dass er in Geld zu erfüllen ist. Da es kein Erbteil ist, wird der Pflichtteilsberechtigte auch nicht ideell am Vermögen beteiligt. Besteht der Nachlass z.B. in erster Linie aus dem Familienheim, muss die Erbengemeinschaft zur Not das Haus verkaufen, um diesen Anspruch zu befriedigen. Machen die Erben das nicht, droht die Zwangsversteigerung!
Was viele nicht wissen: auch wenn der Pflichtteilsberechtigte Erbe wird, kann er seinen Pflichtteil verlangen. Er muss dafür sein Erbe allerdings ausschlagen. Das wird er in der Regel tun, wenn der Erbteil unter seiner Pflichtteilsquote ist oder wenn das Erbe mit Auflagen versehen ist, die eine Annahme unattraktiv machen. Diese Abwägung zwischen Erblasserwille und der Gefahr des Pflichtteilsanspruchs ist bei der Testamentsgestaltung zu berücksichtigen. Schließlich will man den Berechtigten nicht "vergraulen" und dadurch den gesamten Nachlass gefährden. Er kann ihm also z.B. anderes wertvolles Vermögen anbieten, um zu verhindern, dass das übrige Erbe zerschlagen wird.
Wenn man den Pflichtteil schon nicht auschließen kann, so kann man den Anspruch zumindest vermindern. Wie? Durch Schenkungen zu Lebzeiten. Alles was der Erblasser über 10 Jahre vor seinem Tod verschenkt hat, unterliegt nicht dem Pflichtteil. Die wichtigste Ausnahme sind Schenkungen an die Ehefrau: diese werden immer zur Erbmasse hinzugerechnet, egal wie lange dei Schenkung her war. Das ist besonders schade bei Immobilien angesichts der Gefahr der Zwangsversteigerung, denn unter Eheleuten sind die Schenkungen des Familienheims komplett steuerfrei! Dafür muss die Ehefrau auch nicht in dem Haus wohnen bleiben. Im Fall des Erbes gilt eine 10-Jahresfrist, die der Erbe das Familienheim bewohnen muss, um es steuerfrei zu erben.
Wer also um ein schwarzes Schaf in der engeren Familie weiß, muss früh mit den Geschenken anfangen. Er kann dann seine späteren Erben im Verhältnis ihrer Erbquoten schon zu Lebzeiten beschenken. Einen Vorteil hat dieses Vorgehen: der Schenker erntet dafür anders als bei der Vererbung den Dank persönlich!
Der Pflichtteil am Beispiel des Berliner Testaments
In einer Familie mit Mann und Frau (verheiratet ohne Ehevertrag) stirbt der Vater. Beide haben sich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Die 2 Kinder sollen erst nach dem Tod des länger Lebenden erben, was noch übrig ist. Nach der gesetzlichen Erbfolge, also im hypothetischen Fall, dass die Eltern kein Testament errichtet hätten, hätte jedes Kind 1/4 des Vermögens des Vaters geerbt. Da die getroffene testamentarische Regelung der Eltern aber rechtlich eine Enterbung der Kinder darstellt, haben beide einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/8 (der Hälfte von 1/4).
Dieses Recht wird aber oft von den Pflichtteilsberechtigten nicht erkannt, da sie als sog. Schlusserben im Testament auftauchen. Sie erben zwar, aber erst später. Hier brauchen Sie unbedingt einen juristischen Experten an Ihrer Seite. Wir sagen Ihnen ob und welcher Höhe ein Plichtteilsanspruch besteht und wie Sie diesen ggf. durchsetzten könnten.